Der Roadtrip beginnt

Nach den schönen Tagen in Schottlands Hauptstadt setzen wir unsere Reise Richtung Norden fort und starten mit einem (leicht verregneten) Blick auf die tolle Forth Rail Bridge von 1890, bei der 50.000 Tonnen Stahl verbaut wurden. Damals erregte sie ähnlich viel Aufsehen wie der Eiffelturm in Paris. Wir überqueren den River Forth und machen Halt in Dunfermline - ein Stopp, der im Reiseführer vielversprechender war als in der Realität. Die Abtei sieht von außen groß und toll aus, innen macht sich eher Ernüchterung breit, denn das Innenleben kann mit der Außenwirkung nicht mithalten und entpuppt sich als gewöhnlicher Kirchenraum, der  vermutlich in den 70er Jahren in einen Teil der Abteieingebaut wurde. Ansonsten ist zu dem Ort zu sagen, dass hier Andrew Carnegie geboren wurde, der später als Stahlmagnat in den USA steinreich wurde und nach dem die Carnegie Hall benannt ist. Zack, fertig.

Unseren Mittags- und Flucht vor dem Regen-Stopp machen wir in Perth, einem feinen kleinen Städtchen mit netten Cafès. Oft gibt es hier Mittagsangebote bestehend aus der Suppe des Tages und einem dreieckigen Sandwich, die uns bisher nicht enttäuscht haben. Anschließend fahren wir zum Scone Castle, dass von den Earls of Mansfield auch heute noch bewohnt ist. Im frühen Mittelalter war der Ort Scone Hauptstadt des Reiches Alba und auf dem Moot Hill befand sich der Stone of Scone, auf dem die schottischen Könige gekrönt wurden. In der wechslevollen Geschichte wurde der Stein im 13. Jahrhundert in die Westminster Abbey in London gebracht und dort unter dem Krönungsstuhl platziert, auf dem die englischen und britischen Könige fortan gekrönt wurden - ein echter Affront. Erst 1996 gaben die Engländer den Stein an Schottland zurück, seitdem befindet er sich im Edinburgh Castle. Nach dem Einblick in royale Räumlichleiten (es ist stets wichtig, die persönliche Nähe zur Queen deutlich zu machen) und Geschichte sehen wir im tollen Parkgelände rundherum viele Pfauen, die gerne lautstark auf sich aufmerksam machen. Highlight der Parks ist für uns das aus Hecken bestehende Labyrinth, durch dass man sich seinen Weg bahnen muss, um zum Brunnen in der Mitte zu gelangen und wieder raus.

Nach diesem tollen Ausflug freuen wir uns auf unsere nächste Airbnb-Unterkunft in Dundee ("Stadt mit industrieller Vergangenheit, die ein pulsierendes, aufstrebendes kulturelles Leben bietet" , Zitat Reiseführer). Kulturelles Erbe ist auch die Brücke über den Tay ("Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand ...") und die "Discovery", das Schiff von Scotts Antarktis-Expedition wurde hier vom Stapel gelassen. Erste Zweifel an der Darstellung des Reiseführers beschleichen uns, als wir das Treppenhaus zur Wohnung von Jamie betreten: Es hat keine Haustür, ist verdreckt und aus dem zweiten Stock hallen Partylärm und süße Rauchschwaden. Wir checken kurz ein in ein Zimmer, das nur aus Betten besteht, in einer Wohnung  die maximal unpersönlich eingerichtet ist, obwohl Jamie (nett und unscheinbar, arbeitet viel) dort selbst wohnt. Wir beschließen, dass es zum Übernachten ok ist und wollen in die Stadt zum Abendessen, aber es wird nicht besser. Viele Lokale schließen aus unerfindlichen Gründen samstagabends gegen 19 Uhr, dafür brechen die Pubs aus alles Nähten. Aufstrebend ist vor allem der Alkoholpegel und es mutet fast ein wenig wie Karneval an, denn bereits hinreichend angeheiterte, nicht mehr ganz junge Männer und v.a. Frauen, füllen leere Caprisonne-Päckchen mit Schnaps nach und ziehen in den Abend. Unsere Restaurantwahl ist beschränkt und so gehen wir zu McDonalds, das wir aber nach wenigen Minuten mit Take Away-Essen wieder verlassen, denn es ist megavoll (Lokal und Gäste), wir finden keinen Platz und wollen es auch gar nicht mehr, als einer sturzbetrunkene Frau plötzlich alles entgleitet, angefangen von der Körperhaltung gefolgt von.... ihr könnt es euch denken. Wir essen draußen, gehen zurück zur Wohnung, unter der weiterhin die Party tobt und das einzige, das pulsiert, ist der dringende Wusch diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Wir reisen nach einer Nacht verfrüht ab und waren selten um 8:00 Uhr gestiefelt und gespornt zur Abfahrt bereit.

Wir brauchen ganz schnell was Nettes zur Wiederherstellung unserer Stimmung und werden in St. Andrews fündig, der kleinen Universitätsstadt, wo auch Prinz William und Kate studierten, und Heimat des Golfsports. Jasper düst mit dem Roller durch die Gassen, wir finden ein schönes Frühstückscafé und die Welt ist wieder in Ordnung. Anschließend steuern wir Glamis Castle an, wo Queen Mum aufgewachsen ist und unsere kleine neue Ersatzunterkunft entpuppt sich als wahrer Schatz, in der Lunan Bay haben wir ein Viererzimmer in einem Selbstversorgerhaus, das aber zunächst uns allein beherbergt. Man braucht nur 200 Meter rüber über die Düne, schon hat man einen fantastischen weitläufigen Strand vor sich. Wir lassen unseren Drachen steigen, sammeln Muscheln und Steine und Markus joggt am Wasser entlang - wir sind super happy! Dann erhalten wir Gesellschaft in Lunan Bay Bunkhouse von einem österreichisch-deutschen Quartett, das an der Knights of the Island - Ralley teilnimmt. Binnen einer Woche muss man dabei verschiedene Wegpunkte in Schottland erreichen und Aufgaben erledigen, wie z.B. mit zwei Polizisten das Beatles-Zebrastreifen-Bild nachstellen. Malte, einer der Fahrer aus NRW, schenkte Jasper zum Abschied seinen Kompass, da war die Freude riesengroß!

Den Morgen lassen wir ruhig angehen, schlafen lange, frühstücken und packen das Auto wieder ordentlich und verbringen nochmal eine Stunde am Meer. Dann fahren wir weiter Richtung Nordwesten, halten kurz bei Dunottar Castle, der einst am besten gesicherten Burg Schottland, so dass man hier zwischenzeitlich auch die schottischen Kronjuwelen aufbewahrte, und steuern Aberdeen als nächstes Ziel an. Dort übernachten wir im Minihaus von Alex und Zhao, die sich offensichtlich sehr über Kinderbesuch freuten. Ob die Freude am nächsten Morgen ebenso bestand, als Justus doch sehr früh den Tag einläutete, bleibt ungewiss. Unser Abendessen fand an diesem Abend in einer zu einem Lokal umfunktionierten und eher "metal-satanisch" anmutenden Kirche statt, wo es zwar nicht das leckerste Essen der Welt gab, aber die  Location machte es wett. Toll fanden wir in Aberdeen den nahegelegenen Duthie Park, der neben mehreren Spielplätzen und großen Rutschen vor allem auch gute Möglichkeiten zum Laufen am Morgen bot.

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