Und dann kam Molly

Der nette, aber kurze Aufenthalt in Aberdeen endet mit einem leckeren Frühstück, das Zhao vorbereitet hat: Toast, gegrillte Tomaten, Bacon, Würstchen (an dieser Stelle einen Gruß an Kerrin, Freundin des herzhaften Frühstücks!) und gebratenen Bananen. Anschließend noch eine Spielplatzrunde und dann fahren wir nach Keith, wo wir zwei Übernachtungen auf einer Farm gebucht haben. Und es ist wirklich wie im Film: Ein hübsches zweistöckiges Farmhaus, Weiden mit Schafen und Kühen, darunter auch zottelige Highland-Rinder mit langen Hörnern, Lämmchen im Stall, zwei Katzen und Molly, der Hütehund. Es sieht aus wie in einem dieser Pilcher-Filme, nur nicht Cornwall, sondern eben in Schottland. Dazu Aileen und Alan, die uns herzlich empfangen, denn wir sind ihre ersten Airbnb-Gäste. Aileen versorgt uns in den nächsten Tagen mit leckerem Frühstück und ist eine sehr angenehmen Gastgeberin, die sich gerne Zeit für ein Gespräch nimmt, und für Jasper die Autokiste ihres erwachsenen Sohns herauskramt. Alan ist immer in Arbeitskleidung unterwegs und aufgrund seines schottischen Akzents wahnsinnig schwer zu verstehen, aber trotzdem sehr freundlich :-)

Da Keiths Restaurantsszene ausbaufähig ist, folgen wir dem Hinweis von Aileen und fahren nach Cullen an der Küste, wo wir uns nach einer riesigen Portion Fisch & Chips bemühen müssen, noch Platz im Bauch für "das beste Eis" zu finden. Das Vanilleeis ist wirklich köstlich und offenbar vielen eine Fahrt wert, denn bis abends um 20 Uhr fahren die Leute hierher, um sich ein Eis zu gönnen. Apropos Restaurant: In vielen kleineren Orten gibt es 1-2 Pubs und meist 3-4 Take away-Läden. Man kann darauf wetten, dass darunter immer ein indisches und ein chinesisches Take away ist, was amüsant ist bei Orten, die nicht größer als Simmern oder Armsen sind.

Keith dient uns als Ausgangspunkt für die Spey-River-Gegend, Schottlands Whisky-Region mit unzähligen Destillerien. Glenfiddich, Chivas Regal, Cardhu, Glenlivet usw. Da wir mit zwei minderjährigen Reisepartnern unterwegs sind, können wir keine Destillerie-Führung machen, zumindest nicht zusammen. Daher haben wir die Cooperage in Craigellachie als Ziel ausgewählt, eine Böttcherei, deren Fässer an die Destillerien und Weingüter in der ganzen Welt gehen. Wir schauen uns zunächst den Film an, der zwar mit recht dramatischer Musik unterlegt ist, dafür, dass es um das Handwerk des Küfers geht, aber dafür wirklich gut gemacht und sehr informativ ist. Als Plus setzt der Film auf Reize außerhalb der Leinwand, so dass es an der Stelle, wo es um das Ausbrennen des Fasses geht, nach Rauch riecht und der Wärmestrahler angeht. Das Holz für die Fässer kommt von Weißrindeneichen aus Kentucky und Spanien, da dieses Holz sich in besonderer Weise eignet. Im Film wird uns eindringlich vermittelt, dass alle immer nur von der Bedeutung des Destillateurs und des Blenders (wenn mehrerer Whiskysorten gemischt werden) für die Qualität des Endprodukts sprechen, aber der eigentliche Meister sei der Küfer, der durch die Auswahl des Holzes, die Verarbeitung usw. die Grundlage für die Besonderheit eines Whiskys schafft. Der Blick in die Werkstatt der Küfer ist faszinierend und wir sind froh mit der Entscheidung, hierher gekommen zu sein.

Anschließend machen wir einen Abstecher nach Dufftown, dass allerdings ziemlich verschlafen wirkt, weil am Mittwochnachmittag zahlreiche Geschäfte geschlossen sind und die großen Besuchermaßen die Glenfiddich Destillerie bereits wieder verlassen haben. Zurück auf der Farm geben wir uns der Zertreuung hin, was im Fall von Justus bedeutet, die Kieselsteine rund um die Terrasse zu durchwühlen und die Katzen zu beobachten und zu "streicheln". Jasper hilft Aileen bei der Fütterung der Schweine und Lämmer, fährt Roller, buddelt rum. Aileen legt einen neuen Weg vor dem Wintergarten an und Jasper verteilt mit dem Besen den Sand in die Fugen. Molly beobachtet alles genau und versteht den sich bewegenden Besen als Einladung zum Spiel, und schon toben die beiden über den Hof, bis die betagte Molly hechelnd aufgibt. Offensichtlich hat ihr das Spielen mit Jasper so gut gefallen, dass sie auch zwei Tage nach unserer Abreise nach Jasper sucht, wie Aileen uns schrieb.

Nach zwei Tagen, die sich irgendwie viel länger anfühlten, verabschieden wir uns von der Farm und folgen dem Whisky-Trail entlang des Spey. Ein Stopp im Café in Grantown-on-Spey unterbricht die Fahrt durch den tollen Cairngorm National Park, danach geht es weiter in Richtung Inverness. Wir machen in der Highland-Hauptstadt einen kleinen Rundgang, was schnell geatn ist, denn die Stadt zählt nur rund 50.000 Einwohner. Wir sehen die Old Gaelic Church, überqueren den Ness auf einer stark schwingenden Fußgängerbrücke und werfen einen Blick auf Inverness Castle, das auf einem Hügel über der Stadt thront und heute das Amtsgericht beherbergt. Die Fahrt nach Invergordon dauert zirka 30 Minuten an der Küste entlang. Es ist ein kleiner Ort, der aber große Dinge zu bieten hat: Hierher werden Ölplattformen aus der Nordsee zur Wartung gezogen und täglich legt hier an anderes Kreuzfahrtschiff an. Und so ist die Kulisse hier etwas ungewöhnlich, aber dennoch sehr schön anzusehen. Wir haben hier eigentlich nur zwei Nächte gebucht, aber da es in diesen Tagen hier sehr heiß ist und die nächste Autofahrt zur Westküste eine längere wäre, möchte wir gerne noch hier bleiben. Sharon, unser Host, hatte bei Airbnb angegeben, dass die Unterkunft zwischendurch für einen Tag nicht zu haben sei. Zum Glück ist es so, dass sie das nur gemacht hatte, weil sie über das Wochenende mit ihrer Familie wegfahren wollte, und so können wir hier bis Montagmorgen bleiben. Nichts zu tun ist auch mal fein, und so zieht der erste Tag ins Land, Highlight ist der Einkauf im Supermarkt. Am zweiten Tag brechen wir nach einem frühen Frühstück auf nach Fortrose in der Nachbarbucht, denn dort kann man am Chanonry Point Tümmler und Seehunde sehen. Es heißt, die erste Stunde nach Tidenwechsel, wenn das Wasser wieder in die Bucht strömt, sei am besten geeignet, weil die Tiere dann kommen, um die Fische im flacheren Wasser zu jagen. Und tatsächlich, kaum dass wir am Leuchtturm geparkt haben, sehen wir schon  die ersten Delfine. Wir sind z.T. keine 10 Meter entfernt und können mehrere einzelne Tiere und auch kleine Gruppen sehen. Als die Delfine ihren Hunger gestillt haben und offensichtlich weiterziehen, taucht auch noch der Kopf eines Seehundes auf - es ist toll, die Tiere so nah und doch in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen! Danach fahren wir weiter nach Inverness, wo wir ein bißchen rumbummeln, Markus zum Frisör, Sabrina kauft ein, Jasper genießt sein großes Vanilleeis und Justus, nun der plappert fröhlich vor sich her und freut sich jedes Mal, wenn er in einem Kinderstuhl mit uns zusammen am Tisch sitzen kann. Er übt weiterhin, sich überall hochzuziehen (in seinem Reisebett gerne auch unter Zuhilfenahme seines Mund, mit dem er sich oben am Bettchen hält. Am Boden bleibt er weiterhin seiner Delfintechnik treu, mit der er inzwischen erstaunlich schnell ist und immer wieder rasch den Weg nach draußen vors Haus oder auf die Terrasse findet.

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