Derry und so

Als nächstes Ziel lockt Derry oder auch Londonderry. Die unterschiedliche Bezeichnung hat natürlich auch mit der Krone und eigener Identität der Bevölkerung zu tun - festzuhalten bleibt, dass auf Schildern in Nordirland immer Londonderry steht, in Irland weisen die Wegweiser stets nach Derry. Die Queen hat den Erlass, Derry wieder zum offiziellen Namen zu machen, bis heute nicht unterzeichnet. Die Stadt hat als einzige in Großbritannien eine komplett erhaltene Stadtmauer, auf der man den alten Kern der "walled city"  umrunden kann, und natürlich ist sie bekannt als Ort des 'bloody Sunday', den U2 im gleichnamigen Song besangen. In Gedenken an den  30. Januar 1972 kann man noch heute die murals an den Häuserwänden anschauen. Wir erwandern die Stadt entlang der Mauer, finden ein Lokal mit leckerem Essen in einem Kunsthandwerk-Innenhof und machen uns, nachdem Jasper durch den Springbrunnen getobt ist, wieder auf den Weg.

Unsere nächste Unterkunft liegt in einem sehr westlichen Zipfel von Nordirland zwischen Belleek und Garison, so dass es nur 5 Minuten Fahrt braucht, bis man schwuppdiwupp in Irland ist. Eine Grenze ist nicht wirklich zu erkennen, am besten sieht man es an den veränderten Straßenmarkierungen und -schildern, auf denen nun wieder km/h statt m/h steht. Ansonsten ist es dort nicht sehr anders als in Nordirland, denn grenznah kann man im Supermakrt sowohl mit Euro als auch mit Pfund die (hohe) Rechnung begleichen. Unser Cottage ist von viel Grün umgeben und ist so, wie man es im Sinn hat, wenn man das Wort "cottage" hört: eingeschossig, süß dekoriert, mit Kamin und Sofa, außen weiß und mit Vorfahr-Kringel. Kevin und seine Frau Bernadette haben zudem selbstgebackenes Brot, Marmelade, Milch bereit gestellt, damit wir alles haben, was wir so brauchen könnten. Zur Freude der Kinder gibt es auch noch Spielzeug, wobei Justus sich nur immer kurz mit der Motorik-Schleife zufrieden gibt, das, womit der große Bruder spielt, ist immer spannender. Das führt dann schon mal dazu, dass Justus des Zimmers verwiesen wird, aber meist verstehen sich die beiden Ganoven ganz gut. Wir beschließen, dass es außer Laufen und Nichtstun nicht mehr zu tun gibt, halten es aber nicht ganz durch und fahren zum nahegelegenen Bundonan Beach und dann im strömenden Regen nach Donegal, um für das Abendessen einzukaufen. Ein Argument für das Nicht-Durchhalten ist auch, dass das Cottage kein Wifi hat, wir aber noch weitere Unterkünfte buchen wollen und müssen, insofern haben wir einen legitimen Grund, am Mittag nicht selbst zu kochen, sondern eine leckere soup-of-the-day im lemon tree im nahen Belleek zu uns zu nehmen.

Nachdem man im Radio seit Wochen nicht um Ed Sheeran und 'Galway Girl' herum kommt, ist diese Stadt das nächste Ziel auf unserer Route. Eine Eigenschaft der Stadt macht sich früh bemerkbar, denn man kommt eigentlich nie ohne Stau in die oder aus der Stadt raus - steht auch im Reiseführer. Wir parken drei Stunden für stolze 6 Euro, bummeln durch die Stadt und haben einfach Zeit, die an allen Ecken zu hörende Straßenmusik zu genießen. Nachdem Jasper noch ein Croissant für 1,75 € verspeist hat, fahren wir raus nach Roscahill, wo wir ein Zimmer bei Fiona gemietet haben. Fiona ist Anfang 30, heißt Fleming und hat  - wie könnte es anders sein - lange rote Haare! Ihr kleiner Sohn, dessen Name wir bis zum Ende nicht richtig verstanden haben, ist 5 Monate alt und die beiden Kurzen mit wenig Haar finden es spannend, sich gegenseitig zu bestauen. Das Haus ist riesig, neu und recht weit draußen, so dass wir beim Frühstück im großen Wintergarten nichts als weites Grün sehen - sehr nett. Mit Fiona ist es super, weil sich die Zeit für ein bißchen Mummy -Talk ergibt, sie sehr sympathisch ist und sie uns das angenehme Gefühl gibt, dass wir uns in ihren vier Wänden frei bewegen können - so wird es ein toller Aufenthalt, auch wenn es eigentlich "nur" ein Zimmer und keine ganze Unterkunft ist, wie wir es sonst meist haben. Jasper fühlt sich dort offensichtlich auch wohl und gesellt sich zum Malen gerne zu Fiona in die Küche.

Auch wenn es fast schon auf der Strecke Richtung Süden liegt, die wir spätestens nach der zweiten Nacht bei Fiona ohnehin nehmen werden, entscheiden wir uns gleich am nächsten Morgen zu den Cliffs of Moher zu fahren, denn der Wetterbericht verheißt für die darauf folgenden Tage nix Gutes. Also starten wir zu einer entspannten Autofahrt, die uns zur Mittagzeit einen Stopp auf einem kleinen samstäglichen Bauernmarkt einbringt, wo wir leckere Crepes essen, auch wenn  hier die Chance auf eine deutsche Bratwurst von Joachim bestünde. Apropos Wurst: In den Unterkünften, die wir ganz für uns haben, bereiten wir ja selbst unsere Mahlzeiten zu. Auch wenn die Briten und Iren offensichtlich gerne Fleisch essen (offensichtlich wegen der Länge der Tiefkühl- und Frischetheken im Supermarkt), haben sie es mit Wurst nicht so. Turkey in verschiedenen Zubereitungen ja, aber dann wird es auch schon dünn. Daher steuern wir dann zuweilen Aldi oder häufiger Lidl an (da Lidl die Discounterherrschaft in UK und Irland ansrebt), denn dort lockt "German Salami". Zurück zu den Cliffs: Man empfahl uns in der Touriinfo natürlich wieder einen scenic drive und es lohnte sich, der Empfehlung zu folgen. Dicht am Wasser entlang und dann irgendwann auch mit Sicht auf die Klippen - sehr schön. Bei den verschiedenen Fotostopps war allerdings auch deutlich zu merken, wie sich Windgeschwindigkeiten von 30-40 km/h anfühlten, weshalb wir an den Cliffs of Moher beschlossen, nur den Teil zu begehen, der mit einer Balustrade versehen war. Der Rest rechts und links davon kommt nämlich gänzlich ohne Geländer aus, was uns bei einer Steilküste mit bis zu 214m, windigen Wetterverhältnissen und einem bewegungsfreudigen Vierjährigen zu riskant vorkommt. Doch auch rund um den O'Brien Tower ist es schon toll, diese massigen Felsen zu bestaunen, an die die Wellen branden. Hier leben und nisten tausende von Seevögeln, darunter Papageientaucher, verschiedene Möwenarten und Trottellummen (Supername!). Nach einer scenic Rückfahrt machen wir auf Empfehlung von Fiona Halt im benachbarten Ougtherard (keine Ahnung, wie man es richtig auspricht, aber nicht so, wie man es schreibt) und sättigen uns an hervorragender Pizza bzw. im Fall von Jasper an Fish & Chips.

Am nächsten Morgen verlassen wir nach einem weiteren netten Frühstück Fionas Haus, freuen uns, dass wir um kurz nach 9 Uhr losgekommen sind und brausen nach Limerick, das gut 1,5 Stunden von Galway entfernt ist, das King John's Castle hat und hoffentlich ein nettes Café, in dem wir Mittagessen können. Bei der Ankunft dort bemerken wir allerdings, dass unser Portemonnaie nicht mehr dort ist, wo es immer war, und auch leider sonst an keinen Ort in unserem Auto. Kurze Suche und mit dem unguten Gefühl im Bauch, nicht zu wissen wo es ist, gehen wir in die Stadt, suchen ein Mittagslokal und funken Fiona an, ob sie bitte noch mal in Zimmer nachschauen könnte. Nein, da sei leider nix.... Nach dem Mittagessen klingelt dann noch mal das Handy, es ist Fiona, die sagt, dass sie es draußen im Hof liegen sah, als sie zu ihrem Wagen ging. Zu viele Taschen, zu viel Rumgeräume, da ging es wohl über Bord. Schön, dass wir an diesem Tag so früh aufgebrochen waren, denn so blieb genug Zeit, erneut nach Galway zu fahren, das gute Stück am vereinbarten Ort abzuholen und, ja genau, nochmal nach Limerick zu fahren. Doch diesmal machten wir dort nicht Halt, sondern brausten weiter nach Knockavota in der Nähe von Killarney, wo wir unser nächstes Domizil ansteuerten.

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